Variation Nr. 76:
Gewebe 1,
Acryl und Öl auf Leinwand, 75x125cm, 2014
Bei dem Gemälde „Stillleben mit Brot“ (1648) von Francisco de Palacios, ausgestellt in „Augenschmaus, vom Essen im Stillleben“ (Bank Austria Kunstforum, 2010), faszinierten mich vor allem die roten Krüge und die Reflexionen in der Silberkanne. Die Dellen und die Öffnung des rechten roten Kruges korrespondieren mit der Vierteilung des Quadrats in meinem „Thema“. Auch einige auf de Palacios Bild dargestellte Süßigkeiten und eine Melone finden sich abstrahiert in der Variation Nr. 57 wieder.
Violeta Parras Komposition "Gracias a la vida" mit ihrem berührenden und tiefsinnigen Text ist Ausgangspunkt dieser Variation. In der ersten Strophe weist sie mit Hilfe von Metaphern auf das wunderbare Geschenk des Sehsinns hin.
In meiner Interpretation stelle ich das Sehen mit fast ganz geschlossenen Augenlidern dar, es erscheinen Nachbilder, ein diffuser Lichtstrahl bahnt sich den Weg wie durch einen Lidspalt, längliche Cluster sollen eine Anspielung an die Netzhaut und die Grundlagen der Entwicklung des Lebens sein. Zu letzterem hat mich ein Gastvortrag auf der Universität für angewandte Kunst von Tom Battin ("The Structural Beauty of Biofilms - and Implication"), inspiriert.
Eine Freundin hatte mir aus Indien verschiedentlich gemusterte Stoffreste aus einer Schneiderwerkstatt mitgebracht. Diese Motive übernahm ich und malte sie mit Hilfe von tausenden kleinen Punkten auf dieses Bild. Die einzelnen Farbflächen sind, in Anlehnung an die mit Stoffstückchen beklebten Nanas von Niki de Saint Phalle, collageartig angeordnet.
Viele Werke in der Ausstellung „Augenschmaus, vom Essen im Stillleben“ (Bank Austria Kunstforum, 2010) haben einen großen Eindruck bei mir hinterlassen und einige haben mich zu Bildern der Serie "Variationen über ein Thema" inspiriert. Darunter war auch Paula Modersohn-Beckers "Stillleben mit Milchsatte" von 1905, bei dem mir die wiederkehrende elliptische Form der Gegenstände auffiel. Dem darunter liegenden Tischtuch entspricht das Flechtwerkmotiv der Variation Nr. 58.
Variation Nr. 41:
Inanna u. Dumuzi feiern die Heilige Hochzeit,
Acryl und Öl auf Leinwand, 75x125cm, 2005
In dem sumerischen Mythos muss die Göttin Inanna in die Unterwelt gehen, dabei all ihre Isignien der Macht abgeben und wird dort von ihrer Schattenschwester Ereshkigal verschlungen. Nachdem sie von zwei Wesen (Galaturra und Kurgarra) wiederbelebt wurde, gelangt sie zurück zur Oberwelt, besitzt von nun an aber den Blick des Todes. Dieser Mythos hat mich zu mehreren Variationen inspiriert. In "Inanna und Dumuzi feiern die Heilige Hochzeit" ist eine Szene vor den Ereignissen in der Unterwelt in abstrakter Form dargestellt. Das Bild besteht aus einer Ebene, in der „pixelartig“ das „Thema“ vierfach ineinander verflochten ist. Darunter liegt eine andere Ebene, auf der in gestischer Malweise die Farben Grün und Rot miteinander kombiniert sind. Dabei habe ich ein früheres Motiv aus dem Jahr 2002 wiederaufgenommen.
unten: Variation Nr. 20,
Petit Point, Wolle auf Stramin
Variation Nr. 64:
Berberinnen, 2. Fassung,
Acryl und Öl auf Leinwand, 75x125cm, 2011
In der Galerie Menzel für Teppiche & Textilien nordafrikanischer Stammesgruppen (Wien) bewundere ich immer wieder die Schönheit der angebotenen Objekte.
Die Farben Indigo und Krapplack bestimmen die Variation Nr. 64 und die
Ornamente am oberen Rand sind von einem etwa 60 Jahre alten nordafrikanischen Kopf- und Schultertuch übernommen.
Um die drei im Titel genannten Farben (Nickeltitangelb, Zinnobergrün hell extra,
Oudt Hollands Violett-Grau) in einem Bild zu vereinen, erstellte ich einen Strichcode, der die Buchstaben des Alphabets verschlüsselt (z.B:
A = Gelb, Blau, Grün; B = Gelb, Gelb, Gelb).
Ich bat die Lyrikerin Ute Eisinger um einen Text zu den Zahlen 1, 2, 3 und den drei Farben:
"1 - Punkt oder einsamer Kreis, polentamehlfahler Strampelanzug
2 - Parallelen oder Einander-zu-Schlingen, leicht staubig Maisblatt
3 - eine quicklebendige Clique, Hundsveilchentupfen im Frühlingswald"
Weiters verlängerte ich den Text beinahe ins Unendliche, indem ich mit Hilfe der drei Textzeilen ebenfalls das Alphabet verschlüsselte (A = 1. Zeile, 3. Zeile, 2. Zeile; B = 1. Zeile, 1. Zeile, 1. Zeile) und mit der sich daraus ergebenden Zeilenabfolge ebenfalls Eisingers Text chiffrierte.
Als das Bild fertig gemalt war, verfasste Ute Eisinger noch ein Gedicht dazu:
Ins Auge
springt immer erst der eigene Name
im sperrig-wirren Zeichenwald.
Seinen Hexenfinger weist das Bild
zu sich gekrümmt auf dich,
aus einer ganzen Klasse
stehend oder liegender Staketen
ein Exemplar an die Tafel geholt:
Vor allen du schreibe richtig!